
Interview –
Ein junger
Schützenkönig
spricht offen
über Klischees
Das Schützenwesen stirbt aus, ist verstaubt, leidet unter Suff und alten Männern. Viele Klischees ranken sich um die Frauen und Männer in ihren Uniformen. Wir waren zu Gast bei dem amtierenden Schützenkönig von Rosellerheide. Heiner Meuter ist mit 28 der jünsgte Schützenkönig im Rheinland. Wir haben Heiner Meuter mit den Klischees konfrontiert. Die Fragen wurden etwas provokant und zugespitzt gestellt. So konnten wir interessante Ansichten erfahren.
Beim Schützenfest denken viele nur ans Feiern, ist es so?
Die Party steht im Vordergrund?
Meuter: Als Königspaar gibt es reichlich Aufgaben abseits der Kulisse. Wir haben reichlich Pflichttermine. Als historischer Schützenbund sind wir traditionell bei den Gastschützenfesten zu Gast, wir besuchen unsere Mitglieder bei runden Geburtstagen und sind auf Beerdigungen von Mitgliedern und Freunden. Das sind zum Beispiel Aufgaben, die keinen Spaß machen, aber dazugehören. Ein Jahr auf dem Thron bedeutet, ein Jahr richtig zu powern. Dabei lernt man die andere Seite des Schützenwesens kennen, eben die hinter den Kulissen. Wir kümmern uns um viele organisatorische Dinge, alleine um das Schützenfest zu planen: Was muss alles gemacht werden?
Dabei ist immer viel Alkohol im Spiel ...
Meuter: Natürlich feiern wir gerne und sitzen gerne zusammen. Und wir kommen zum Beispiel auch über ein Bier und die Uniform zusammen ...

...wie ist das zu verstehen?
Meuter: Durch die Uniform sind wir zunächst alle gleich, wir begegnen uns auf Augenhöhe. Viele Milieus durchmischen sich und du siehst halt nicht, ob du mit einem Akademiker oder einem Verkäufer zu tun hast, Geld oder Prestige spielt da zunächst keine Rolle. So kann auch ein Hilfsarbeiter auf dem Bauernhof der Kommandeur sein und den kompletten Aufmarsch leiten. Und über die anderen Königspaare lernen wir so viele neue Menschen kennen, das ist unglaublich. Es kommt dann auch vor, dass mancher an dem Abend keinen Alkohol trinkt. Das ist ja keine Pflicht. Es gibt genug, die sich an nicht-alkoholische Getränke halten. Zudem ist ja auch noch jedes Wochenende etwas los. In der Zeit von August bis Januar haben wir deutlich weniger Verpflichtungen, vielleicht einmal im Monat.
Ist der Schützenverein nicht nur was für alte Männer?
Meuter: Mit 28 bin ich einer der jüngsten Schützenkönige überhaupt. Natürlich gibt es Probleme mit dem Nachwuchs. einige haben halt keine Lust auf Verbindlichkeiten und Uniform. Bei den Jungschützen beobachte ich, dass sie während der Pubertät weg sind. Dann, vielleicht mit Anfang 20, kommen einige nach und nach zurück. Es kommt halt auch darauf an, was der Verein für junge Leute macht. Unser Jungschützenmeister ist bemüht, mit den jungen Leuten Unternehmungen zu starten. Ob Wasserskifahren oder Schlittschuhlaufen. Vom Verein wird das auch finanziell unterstützt.
Sind Schützen konservative und militante Waffenverehrer?
Meuter: Nein. Natürlich schießen wir noch immer auf einen Vogel. Vor allem wenn du Prinz oder König werden willst. Aber du musst ja nicht. Mit einer Form der Waffenverehrung hat das nichts zu tun. Und politisch ist bei uns alles querbeet. Natürlich sind wir in den Grundsätzen christlich orientiert. Aber deswegen sind wir nicht durchgängig konservativ. Die politischen Gesinnungen sind sehr unterschiedlich. Noch gestern Abend haben wir ein Grundsatzgespräch über Gott und Religion geführt. Wir sind halt so vielschichtig wie die Gesellschaft.